Description
GOSSAERT, JAN genannt MABUSE
(Maubeuge 1478 - 1532 Antwerpen)
Maria mit Kind. Um 1530.
Öl auf Holz. 44,5 x 34 cm.
Provenienz:
- Sammlung Dr. Alfred Hausammann, Zürich, um 1955-2002.
- Auktion Christie's, London, 10.7.2002, Los 97 (als 'Sudio of Gossaert').
- Englische Privatsammlung.
Ausstellungen:
- Schaffhausen, Museum zu Allerheiligen, Meisterwerke Flämischer Malerei, 1955, Nr. 45 (verso Etikette).
- Zürich, Kunsthaus, Leihgabe Dr. Hausammann zwischen 1960 bis 2001 (verso auch Etikette).
- Rotterdam, Museum Boymans-Van Beuningen/Brügge, Groeningemuseum, Gossaert genaamd Mabuse, 1965.
Literatur:
- Ausst. Kat. Meisterwerke flämischer Malerei, Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen 1955, Kat. Nr. 45, S. 28.
- Pauwels, Henri / Hoetink, H. R. / Herzog, Sadja(Hg.) Ausst. Kat. Jan Gossaert genaamd Mabuse, Museum Boymans-Van Beuningen, Rotterdam / Groeningemuseum, Brügge, Rotterdam 1965, Kat. Nr. 30, S. 183-186.
- Herzog, Sadja: Jan Gossart called Mabuse (ca. 1478-1532): A Study of His Chronology with a Catalogue of His Works, 3. vols., PhD diss. Bryn Mawr College, Bryn Mawr 1968, S. 371-372, Nr. 94 (unter 'misattributions').
- Sander, Jochen: Anmerkungen zu Gossaert, in: Hamburger, Jeffrey F. / Korteweg, Anne S. (Hg.): Tributes to James H. Marrow: Studies in Late Medieval and Renaissance Painting and manuscript Illumination, Turnhout 2006, S. 421 (426) - 430 (dort als eigenhändiges Werk aufgeführt und um die Mitte der 1520er Jahre datiert).
- Ainsworth, Maryan W. et al. (Hg.): Man, Myth, and Sensual Pleasures. Jan Gossart's Renaissance. The Complete Works, New York 2010, Kat. Nr. 19, S. 182-183 mit Abb (dort als eigenhändiges Werk aufgeführt und um 1530 datiert).
Dieses bedeutende und qualitätsvolle Gemälde mit Maria und dem Kind von Jan Gossaert wurde kürzlich anlässlich der Vorbereitung des Werkverzeichnisses und der grossen Ausstellung zum Werk des flämischen Meisters im Metropolitan Museum in New York von der Kuratorin Dr. Maryan W. Ainsworth im Original eingehend geprüft und sie konnte sich von der Eigenhändigkeit überzeugen.
Dabei stellt dieses Gemälde eine besondere Seltenheit dar, da das überschaubare Oeuvre des Flamen ca. 60 Werke umfasst und sich der Grossteil in namhaften Museen befindet unter anderem dem Metropolitan Museum of Art, New York, der National Gallery in London, der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, dem Museo del Prado in Madrid, und der Eremitage in St. Petersburg. Nur noch zwei Gemälde dieser Thematik sind in Privatbesitz, zu denen die hier angebotene Arbeit zählt.
Jan Gossaert, nach seinem Geburtsort Maubeuge im Hennegau auch Mabuse genannt, zählt zu den herausragenden Malern der Renaissance nördlich der Alpen. Sein Oeuvre verbindet die Tradition der altniederländischen Malerei von Jan van Eyck bis Memling mit den künstlerischen Errungenschaften der italienischen Renaissance und setzt diese in eine ideale Symbiose höchster Perfektion um. Gossaert, der im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts tätig war, fertige sowohl sakrale wie auch profane Gemälde an, die er für bedeutende Auftraggeber seiner Zeit schuf. So stand er im Dienst Philipps von Burgund, dem er auch 1508/09 nach Italien folgte und wo sich Gossaert mit den Meisterwerken der italienischen Renaissance auseinandersetzen konnte.
Das hier angebotene Gemälde Jan Gossaerts mit der Maria und dem Kind befand sich seit circa Mitte der 1950er Jahren in der Sammlung Dr. Alfred Hausammanns in Zürich und war ab 1960 als Leihgabe im Kunsthaus Zürich bis 2001 ausgestellt. Zusätzlich wurde das Gemälde in zwei Ausstellungen gezeigt. 1955 in Schaffhausen in 'Meisterwerke flämischer Malerei' und 1965 in Rotterdam und Brügge in der Ausstellung 'Jan Gossaert genaamd Mabuse'. Fälschlicherweise wurde das Gemälde in der Folgezeit von Sadja Herzog als eine Arbeit eines Nachfolgers verstanden. 2002 kam das Gemälde mit dieser Beschreibung in London zur Versteigerung.
Die aktuellen Besitzer veranlassten eine behutsame und professionelle Restaurierung, bei der die alten Übermalungen entfernt und das ursprüngliche Erscheinungsbild wieder zum Vorschein gebracht wurde. Neben der international anerkannten Gossaert -Kennerin, Dr. Ainsworth, die das Gemälde als eigenhändiges Werk Gossaerts im Ausstellungskatalog von 2010, der gleichzeitig als Oeuvreverzeichnis fungiert, aufführt, besteht zudem für Dr. Jochen Sander, Kurator für deutsche, flämische und holländische Malerei im Städel Museum, Frankfurt, kein Zweifel an der Ausführung Jan Gossaerts.
Die hier gezeigte Komposition zeigt die Muttergottes vor einer spätgotischen Thronarchitektur aus teilweise filigranem, teilweise massivem Gestein, vor ihr auf grünem Samt sitzt das Jesuskind, beide dem Betrachter frontal zugewandt. Während Maria in einer kontemplativen Haltung, den Blick nach unten gerichtet, ihr Kind beschützend umgreift, zieht das Christuskind durch die ausladende Gestik und den direkten Blickkontakt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich, und seine kindliche Bewegungsfreudigkeit wird in liebevollerweise zum Ausdruck gebracht.
Stilistisch und kompositorisch sieht Maryan W. Ainsworth bei unserem Gemälde starke Parallelen zu der signierten und 1531 datierten Darstellung der Maria mit dem Jesusknaben vor einer Landschaft im Cleveland Museum (Abb.1, Öl auf Holz, 48,9 x 38,4 cm, siehe Ainsworth, ebd., Nr. 20), weshalb sie eine Datierung unserer Tafel um 1530 vorschlägt. Gossaert malte einige weitere vergleichbare Kompositionen mit Maria und dem Kind, die alle in sein Spätwerk um 1525-30 zu datieren sind. So die Versionen in der National Gallery in London (ebd., Nr. 13), in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin (Abb. 2, Inv. Nr. 650, ebd., Nr. 15) und im Museo de Bellas Artes de Bilbao (ebd., Nr. 18). Es kann davon ausgegangen werden, dass sich diese Thematik der Maria mit dem Kind einer wachsenden Nachfrage erfreute und die Gemälde für die private Andacht eines gläubigen Auftraggebers konzipiert waren.
Dr. Sander vergleicht unser Gemälde stilistisch auch mit Gossaerts 1527 datierten Danae in der Alten Pinakothek in München, insbesondere mit den 'Knopfaugen' des Christusknaben sowie dem Kopftypus der Madonna, weshalb er auch eine etwas frühere Datierung Mitte der 1520er Jahre in Betracht zieht (Sander ebd., S. 430, Fussnote 22).
Bemerkenswert ist sicherlich der Erhaltungszustand dieses hier angebotenen Gemäldes, worauf schon Jochen Sander in seinem Artikel hingewiesen hat (siehe Literatur). Er hebt hervor, dass die wohl auf zwei vertikal angeordneten Eichenholzbrettern gemalte Tafel weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben ist. Durch die jüngst durchgeführte Reinigung sind feine Lasuren in den Schattenpartien des Inkarnats zum Vorschein gekommen. Durch Infrarot-Reflektographie lassen sich zusätzlich an einigen Stellen Unterzeichnungen erkennen, die den Arbeitsprozess des Malers nachvollziehen lassen.
GOSSAERT, JAN called MABUSE
(Maubeuge 1478 - 1532 Antwerp)
Mary with Child. ca. 1530.
Oil on wood 44.5 x 34 cm.
Estimate: CHF 1 800 000.- / 2 200 000.-
Provenance:
- Collection of Dr. Alfred Hausammann, Zürich, ca. 1955 - 2002.
- Auction Christie's, London, 10.7.2002, lot 97 (as 'Studio of Gossaert').
- English Private Collection.
Exhibitions:
- Schaffhausen, Museum zu Allerheiligen, Meisterwerke Flämischer Malerei, 1955, no. 45 (label verso).
- Zürich, Kunsthaus, on loan from Dr. Hausammann, 1960 - 2001 (also label verso).
- Rotterdam, Museum Boymans-Van Beuningen/Bruges, Groeningemuseum, Gossaert genaamd Mabuse, 1965.
Literature:
- Exh. cat. Meisterwerke flämischer Malerei, Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen 1955, cat. no. 45, p. 28.
- Pauwels, Henri / Hoetink, H. R. / Herzog, Sadja (eds.) exh. cat. Jan Gossaert genaamd Mabuse, Museum Boymans-Van Beuningen, Rotterdam / Groeningemuseum, Bruges, Rotterdam 1965, cat. no. 30, pp. 183-186.
- Herzog, Sadja: Jan Gossart called Mabuse (ca. 1478 - 1532): A Study of His Chronology with a Catalogue of His Works, 3. vols., PhD diss. Bryn Mawr College, Bryn Mawr 1968, pp. 371-372, no. 94 (under 'misattributions').
- Sander, Jochen: Anmerkungen zu Gossaert, in: Hamburger, Jeffrey F. / Korteweg, Anne S. (eds.): Tributes to James H. Marrow: Studies in Late Medieval and Renaissance Painting and Manuscript Illumination, Turnhout 2006, pp. 421 (426) - 430 (there listed as an autograph work and dated to the mid-1520s).
- Ainsworth, Maryan W. et al. (ed.): Man, Myth, and Sensual Pleasures. Jan Gossart's Renaissance. The Complete Works, New York 2010, cat. no. 19, pp. 182-183 with ill. (listed there as an autograph work and dated to 1530).
This important and outstanding painting with Mary and the Child by Jan Gossaert was recently subjected to detailed examination in the original during preparations for the large exhibition and catalogue raisonné of the Flemish master's work at the Metropolitan Museum of Art, New York, by curator Dr. Maryan W. Ainsworth and she was convinced of its authorship.
The painting is of exceptional rarity, since the limited oeuvre of the Fleming comprises about 60 works and the majority are in prestigious museums: among others, the Metropolitan Museum of Art in New York, the National Gallery in London, the Gemäldegalerie of the National Museums Berlin, the Museo del Prado in Madrid, and the Hermitage in St. Petersburg. Only two paintings of this subject are in private collections, of which the work offered here is one.
Jan Gossaert, also called Mabuse after his birthplace Maubeuge in Hennegau, counts as one of the outstanding painters of the Renaissance north of the Alps. His work combines the tradition of early Netherlandish painting from Jan van Eyck to Memling with the artistic achievements of the Italian Renaissance and transforms them into an ideal synthesis of the highest perfection. Gossaert, who was active in the first third of the 16th century, completed both religious as well as secular paintings, which he created for the major patrons of his day. Thus Gossaert entered into the service of Philip of Burgundy and followed him in 1508/09 to Italy, where he came to terms with the masterpieces of the Italian Renaissance.
The painting with Mary and the Child by Jan Gossaert offered here was in the collection of Dr. Alfred Hausammann in Zürich beginning approximately in the mid-1950s, and was on loan to the Kunsthaus Zürich for display from 1960 to 2001. In addition, the painting was shown in two exhibitions: 'Meisterwerke Flämischer Malerei' (Masterpieces of Flemish Painting) at Schaffhausen in 1955 and 'Gossaert genaamd Mabuse' (Gossaert called Mabuse) in Rotterdam and Bruges in 1965. The painting was mistakenly believed to be the work of a follower after the appearance of Sadja Herzog's study. In 2002, the painting came up for auction with this attribution in London. The present owner arranged for a careful and professional restoration in which the old overpainting was removed and the original appearance was again brought to the fore. In addition to the internationally recognized Gossaert connoisseur Dr. Ainsworth, who lists it as an autograph work by Gossaert in her exhibition catalog of 2010 (which also serves as the catalogue raisonné); Dr. Jochen Sander, Curator of German, Flemish and Dutch painting at the Städel Museum, Frankfurt, also has no doubt as to Jan Gossaert's authorship.
The composition shown here depicts the Mother of God in front of a late-Gothic architectonic throne, part filigree and part solid stone, with the infant Jesus sitting before her on green velvet. Each is turned towards the viewer in a frontal pose. While Mary assumes a contemplative attitude, gazing downward and embracing her child protectively, the Christ Child through his expansive gestures and direct eye contact, engages the attention of the viewer, and his childlike exuberance is expressed affectionately.
Maryan W. Ainsworth sees strong stylistic and compositional parallels between our painting and a depiction of Mary with the infant Jesus before a landscape, signed and dated 1531, in the Cleveland Museum of Art (fig. 1, oil on wood, 48.9 x 38.4 cm, see Ainsworth, ibid., no. 20), and for this reason proposes a dating of 1530 for our panel. Gossaert painted several other similar compositions with the Virgin and Child, all of which are among his late work, dating between 1525 and 1530. These include versions in the National Gallery in London (ibid., no. 13), the Gemäldegalerie of the Berlin State Museums (fig. 2, inv. no. 650, ibid., no. 15) and the Museo de Bellas Artes in Bilbao (ibid., no. 18). It is probable that this theme of the Madonna and Child enjoyed a growing demand and the paintings were conceived for the private worship of devout patrons.
Dr. Sander also compares our painting stylistically with Gossaert's 'Danae,' dated 1527, at the Alte Pinakothek in Munich; particularly the attentive gaze of the Child and the Madonna's head type, which leads him to consider a somewhat earlier dating of the middle 1520s as well (Sander ibid., p. 430, footnote 22).
It is certainly worth noting as well the preservation of the painting offered here, as Jochen Sander has previously remarked in his article (see Literature). He emphasizes that the picture, probably painted on two vertically arranged oak boards, is largely preserved in its original state. Through the cleaning conducted recently, fine glazes in the shadows of the flesh tones have come to light. With infrared reflectography underdrawing can also be discerned in some places that enables us to reconstruct the artist's working process.