Description
CARL PHILIPP FOHR - zugeschrieben
Heidelberg 1795 - 1818 ertrunken im Tiber bei Rom
„Die Schwalbe zu Neckarsteinach“. Blick von Osten auf Burg Schwalbennest mit Rainbach auf der gegenüberliegenden Neckarseite.
Tuschfederzeichnung in Grauschwarz über Bleistift 1812.
Märker, Peter; Carl Philipp Fohr, Monographie und Werkverzeichnis, München 2015, A 23. Jens Christian Jensen, „Erziehung zum Maler“, in: Carl Rottmann, Ausst.-Kat. Kurpfälzisches Museum Heidelberg, 1997/98, S. 12, Abb. 3 (dort Rottmann zugeschrieben).
Datiert „September 1812“ und betitelt. Auf kräftigem chamoisfarbenen Vélin. 22,2 x 27,2 cm. Mit wenigen vereinzelten Stockflecken. Besonders im Blattwerk des Vorder- und Mittelgrundes detailreich ausgeführte Arbeit, deren Bildtiefe, Perspektive, durch den gekonnten Einsatz der Schwarz- bis Grau-Abstufungen der Tusche hervorgerufen wird. Die Ferne, das gegenüberliegende Neckarufer mit den Häusern von Rainbach im linken Hintergrund wird nur mit lichten grauen Konturlinien gezeigt. Die Bäume in der Ferne werden ebenfalls durch vereinfachte schwache Grauvaleurs angedeutet.
Divergierende Auffassungen zur Autorenschaft der Zeichnung werden im Folgenden aufgeführt: Die ehemalige Leiterin der Graphischen Sammlung des Kurpfälzischen Museums in Heidelberg, Frau Sigrid Wechssler, bestätigte dem Vorbesitzer Ende der 90er Jahre mündlich die Urheberschaft von Carl Philipp Fohr. Um 2002 bekräftigte die Kennerin der Heidelberger Romantik uns gegenüber die Autorenschaft Fohrs. Bei Peter Märker wird das Blatt heute, in o.g. 2015 erschienenen Werkverzeichnis, dem Künstlerkollegen Carl Rottmann zugeordnet. Er schreibt: „Die Beschriftung mit derselben Tinte wie die Zeichnung stammt eindeutig nicht von Fohrs Hand. Zuvor auch von mir (mündlich, um 1995) an Fohr gegeben, ist die Zuschreibung an Fohrs Mitschüler Carl Rottmann durch Jens Christian Jensen jedoch überzeugend“. Peter Märker schließt sich somit der Meinung seines Kollegen an. Jensen, der das Blatt ebenfalls in den 90er Jahren Fohr zuschrieb, ordnet es im Beitrag zum Ausstellungskatalog Carl Rottmann zu. Stichhaltige Beweise und Begründungen sucht man hier vergebens.
Im gleichen Aufsatz schreibt Jensen über die in den Staatl. Museen zu Berlin unter Inv.-Nr. Fohr St 20/F VII 21 aufbewahrte Zeichnung von Carl Ph. Fohr „Mann mit Dreispitz in einem Kahn“, es handele sich um eine Arbeit Rottmanns und nicht – wie in Berlin inventarisiert – von Carl Ph. Fohr. Er begründet dies mit der Beschriftung verso, die er Rottmann unterstellt: „Auf der Rückseite der Zeichnung (Abb. 6) lesen wir folgende mit Feder/Tusche geschriebenen Zeilen, wohl von der Hand Rottmanns: 'Als wir zum ersten/mahl, Fohr/u. ich nach der Natur zeichnen gingen/in den Stiftswald den 3ten März/1813'„ (Seite 12).
Erika Rödiger-Diruf, Autorin des Werkverzeichnisses für Carl Rottmann (München 1978), verwirft eindeutig die Urheberschaft Rottmanns an Zeichnung und Schrift. Als Begründung führt sie an, dass die beiden Künstlerfreunde Rottmann und Fohr nicht zum erstenmal „1813“ gemeinsam im Heidelberger Stadtwald zeichneten, sondern 1811/12 gemeinsam unterwegs waren. Sie geht davon aus, dass ein anderer Künstlerfreund diese Notiz als Erinnerung rückseitig auf eine von Fohr geschenkte Zeichnung aufgetragen hat. Zumal die gesamte Zeichung stilistisch wie auch zeitlich mit mehreren Zeichnungen (Märker Z 592ff) im Werkverzeichnis von Fohr korrespondiert. Es ist also anzunehmen, dass Friedrich Rottmann nicht nur mit Fohr und seinem Sohn, sondern auch mit anderen Schülern in der Heidelberger Umgebung unterwegs war. Friedrich Rottmann war zu dieser Zeit ein gefragter Universitätszeichenlehrer und hatte zahlreiche Schüler.
Frau Rödiger-Diruf kann sich in Bezug auf die „Schwalbe...“ nicht dem Urteil von Peter Märker anschließen; sie weist auf die Schwierigkeit der Händescheidung hin. Die Autorenschaft von Carl Rottmann schließt sie jedoch aufgrund stilistischer Merkmale aus. Das Entstehungsjahr „1812“ würde bedeuten, dass die vorliegende Zeichnung weit über dem damaligen künstlerischen Niveau von Carl Rottmann stünde; es wäre somit eine einzigartige zeichnerische Qualität in dieser Arbeit hervorgebracht worden, die Rottmann selbst in späteren Zeichnungen nicht erreicht hatte. Zur Verdeutlichung sei an dieser Stelle auf die zeitgleichen Kopien Rottmanns im Heidelberger Skizzenbuch (Heidelberg, Kurpfälzisches Museum, Inv.-Nr. Z 5659) nach Fohr hingewiesen.
Für die Zuschreibung an Fohr lassen sich aus kunsthistorischer Sicht folgende Argumente heranziehen: Bei Arbeiten, bei denen es nachweisbare Vorbilder von Carl Ph. Fohr gibt (Märker Z 123, Z 219, Z 223, Z 274), wird deutlich, dass Rottmann nicht zur selben Stunde einen etwas anderen Standpunkt wie sein Kollege Fohr eingenommen hatte, sondern es wird durch sichtbare Qualitätsunterschiede eindeutig, dass Rottmann Fohr kopiert hatte. Er vereinfacht stark, manche Details werden unzureichend bzw. verzeichnet wiedergegeben. So sehen wir auch das von Karl Lohmeyer bereits in seiner Monographie „Heidelberger Maler der Romantik“ (Heidelberg 1935) wiedergegebene Urteil bestätigt. Lohmeyer schreibt (S. 264): „Dem phantasiereichsten Zeichner [Fohr] dieses Kreises, der es allein verstand, Landschaft und Staffage in so großem Stil zu vereinen, steht hier der schlechteste Zeichner [Rottmann] gegenüber“. Carl Rottmann ist von Beginn an ein Künstler, der malerisch und nicht zeichnerisch arbeitet. Durch seine Lavierungen wirken seine Papierarbeiten flüssiger und großzügiger. Dazu schreibt Erika Rödiger-Diruf in Ergänzung zum Werkverzeichnis im Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 1989 (Seite 160) über den Duktus im Frühwerk von Carl Rottmann: „In den Zeichnungen des Studienbuches [Heidelberger Skizzenbuch (1811-1814)] wird deutlich, daß Rottmann schon frühzeitig die kleinteilige Einzelform überging, sie zu Massen zusammenfaßte und dem großen Zusammenhang unterordnete. Diese Art der Landschaftserfassung – technisch hieß das: summarisches Lavieren unterschiedlicher Grautöne, auf die trocken eine stark vereinfachte Detailform eingetragen wird...“.
Die künstlerische Auffassung der „Schwalbe zu Neckarsteinach“ gleicht zahlreichen Beispielen im Werkverzeichnis von Peter Märker. Direkte Vergleiche sind Z 107, Z 168/169, Z 190, Z 220 und Z 233. Was die Beschriftung am oberen rechten Rand des Blattes betrifft, sind die Vergleichsbeispiele Märker Z 51, Z 157, Z169, Z177, Z 237 und Z 250 heranzuziehen. Es handelt sich nicht um flüchtige Ortsangaben, sondern die Beschriftungen mit Artikeln, Ortsbezeichnungen und vereinzelt mit einer genauen Datierung weisen eher auf Betitelungen hin. Möglicherweise handelt es sich um eine Stichvorlage, wie beispielsweise die Arbeiten, die Chr. Haldenwang nach Fohr (Märker Z 86, Z 95 und Z 96) anfertigte. Diese zeichnerische, keinesfalls malerisch ausgeführte Arbeit würde sich zur Umsetzung in ein druckgraphisches Werk bestens eignen.
Der Schriftvergleich mit anderen Blättern, die Märker als „eigenhändig bezeichnet“ aufführt, weisen große Gemeinsamkeiten auf. Dies bestätigen wissenschaftliche Vergleiche eines Schriftsachverständigen, der auf „gleichartige und wertstarke Befunde“ hinweist.
Nach Berücksichtigung der verschiedenen Standpunkte ist das vorliegende Blatt „Die Schwalbe zu Neckarsteinach“ nach unserer Auffassung von Carl Philipp Fohr. [tw]