Description
BARONIAL LADY'S SECRETARY,known as a "billet doux," Louis XVIII, attributed to F.H.G. JACOB-DESMALTER (Francois Honore Georges Jacob-Desmalter, 1770-1841), IACOB as a resale or as a restoration stamp, Paris circa 1830.
Ebonized wood inlaid front and verso with exceptionally fine lacquer "au gout japonais" panels. Fall-front writing surface lined with brown, gold-stamped leather. Exceptionally fine, matte and polished gilt bronze mounts and applications. Freestanding. 68x53x(open 75)x121 cm.
Provenance:
- Probably made for Marie-Caroline de Bourbon-Siciles (1798-1870), Duchesse de Berry.
- From a German collection.
- Sotheby's Zurich 1.12.1998 (Lot No. 394).
- Swiss private collection.
FÜRSTLICHER DAMENSEKRETÄR, sog. "billet doux", Louis XVIII, F.H.G. JACOB-DESMALTER (François Honoré Georges Jacob-Desmalter, 1770-1841) zuzuschreiben, IACOB als Wiederverkaufs- oder Restaurationssignatur, Paris um 1830.
Holz ebonisiert sowie vorn und verso eingelegt mit ausserordentlich feinen japanischen Lackpanneaux bzw. Panneaux "au goût japonais"; auf schwarzem Fond idealisierte Parklandschaft bzw. Blütenzweige. Schmaler, rechteckiger Korpus mit gestuftem, vorkragendem Kranz auf Jochsfüssen mit profiliertem Sockel auf Rollen. Abklappbare, innen mit braunem, goldgepresstem Leder bezogene Front zwischen frei stehenden Säulen mit korinthischen Kapitellen. Inneneinteilung mit 2 grossen Fächern über 2 nebeneinander liegenden, schwenkbaren Schubladen und Fächern. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -applikationen in Form von korinthischen Kapitellen, Tatzenfüssen, Palmetten und Zierfries. Zum Freistellen. 68x53x(offen 75)x121 cm.
Notes
Provenienz:
- Wohl gefertigt für Marie-Caroline de Bourbon-Siciles (1798-1870), Duchesse de Berry.
- Aus einer deutschen Sammlung.
- Auktion Sotheby''s Zürich am 1.12.1998 (Katalognr. 394).
- Schweizer Privatsammlung.
Dieser seltene und ungewöhnliche, kleine Damensekretär ist von selten angewendeter Form, welche besonders gegen Ende des 18. und 19. Jahrhunderts in Mode und unter dem Namen Billet-doux geläufig war, was einer Anspielung auf seinen Gebrauch entspricht. Der Stil dieses eleganten Möbels hebt sich ab vom offiziellen Stil der kaiserlichen Palais, welcher bei den Würdenträgern des Reiches überwog. Er markiert die Fortdauer einer Schönheitslehre, welche direkt von dem am Ende der Regierungszeit Louis XVI einsetzenden Stil inspiriert ist. Dieser Geschmack fand weitere Anhänger in den Jahren 1800-1820, wie das Zylinderbureau des Jean-Ignac Papst bezeugt, welches anlässlich der Ausstellung französischer Industrieprodukte des Jahres 1806 vorgestellt und schliesslich von Maréchal Mortier, Herzog von Trevise (Augarde, 1993) angekauft wurde, oder die "secrétaires en cabinet" von Molitor, welche mit japanischen Lackpaneelen verziert sind und von welchen sich zwei Exemplare im Musée du Louvre (OA 5475 + 5476) erhalten haben. Diese Modeströmung verlor sich am Anfang der Restauration, mit der Herstellung von Sekretären im Stil eines Neo-Louis XVI, des Alexander-Louis Belangé, wovon sich ein Paar im Musée des Beaux-Arts in Lyon und ein weiteres auf Windsor Castle (Ledoux Lebard, 1984) erhalten haben. Die sehr bestimmte Art der Komposition des hier angebotenen Sekretärs, die Qualität seiner Ausführung und seine perfekte Ausarbeitung sowie die nicht sofort ersichtlichen Verwendungszwecke, lassen ihn vorsichtig in Verbindung bringen mit fürstlichen Privatbestellungen, welche durch Marie-Caroline de Bourbon-Siciles, Duchesse de Berry, an F.H.G. Jacob gelangten. Diese Bestellungen waren besonders für ihre persönliche Residenz in Château de Rosny bei Paris wie auch für ihre Appartements im Château des Tuileries befohlen worden. Die Prinzessin stellte zu dieser Zeit selbst Paneele in Imitation von chinesischem und japanischem Lack her, in der Art, an das die das Paneel auf der Rückseite unseres Sekretärs erinnert. Die Paneele wollte sie gerne auf Mobiliar montiert wissen, welches für sie persönlich oder für ihr nahestehende Personen bestimmt war. Unter diesen Bedingungen müssen in der speziellen Verbindung die folgenden genannt werden:
1821 "un écran pour recevoir une peinture imitant la laque du Japon faite par S.A.R. (la duchesse de Berry) (...) un paravent chinois (...) à sept feuilles en bois d''ébène français (...) disposées pour mises au vernis du Japon pour être peintes par S.A.R." und 1824 "deux grands meubles ajustés (...) pour recevoir des panneaux peints en laque par S.A.R., lesquels sont encadrés de moulures en bronze fondues, ciselées et dorées au mat."
Die lakonische Art der hier dokumentierten Beschreibung lässt, selbstverständlich, eine genauere Identifikation des einen oder anderen Objektes nicht zu. Trotzdem bleibt es nicht weniger belegt, dass unser Damenschreibsekretär mit Lade als "billet-doux", dessen Wirkung in zugeklapptem Zustand der eines Kaminschirmes entspricht, artverwandt mit dem beschriebenen Ensemble ist. In dieser Annahme kann man also nicht ausschliessen, dass die Schwiegertochter Charles X., welche an der Dekoration des "billet-doux" mitgewirkt haben könnte, anstatt es für ihren persönlichen Gebrauch zurückbehalten zu haben, das Möbel einem Mitglied ihres persönlichen Umkreises bestimmt hat. Es sei daran erinnert, dass die Herzogin das einzige Mitglied der königlichen Familie war, das eine eigentliche Rolle als Patronin der Künste unter der Restauration einnahm. Ihr eklektischer Geschmack erreichte ebenso die Neogotik wie etwa die Kristallmöbel von Baccarat. Durch ihre Schwärmereien, ihre persönlichen Aufträge und die Protektion, unter welche sie die hervorragendsten Künstler stellte, half sie, den Stil zu formen, welcher im Frankreich der Jahre zwischen 1820-1830 vorherrschte. Diese in Frankreich allgemein als "Stil Charles X" bezeichnete Epoche würde es viel mehr verdienen, als "Epoche der Herzogin de Berry" bezeichnet zu werden.
Als zweiter Sohn des berühmten Georges Jacob (Meister 1765) lernte F.H.G. Jacob-Desmalter die Handwerkskunst im Atelier seines Vaters. Dem Nachnamen fügte er "Desmalter" zu, in Anlehnung an den Landsitz seines Vaters, "Les Malterres" in der Bourgogne. Als die "association" mit seinem Bruder George II durch dessen plötzlicher Tod ein abruptes Ende fand, begann F.H.G. Jacob-Desmalter eine neue Zusammenarbeit mit seinem Vater und erhielt den Titel "menuisier-ébéniste fabricant de meubles et bronzes LL.MMII. et RR". Während der gesamten napoleonischen Herrschaft belieferten sie als "fournisseurs principals" die kaiserlichen Paläste. Die Jahre um 1800 waren geprägt von der schier grenzenlosen Imagination und Produktion sowie von der engen Beziehung zum kaiserlichen Hof, die ihm die wichtigsten Aufträge einbrachte. Das florierende Unternehmen beschäftigte zeitweise bis 600 Arbeiter und fertigte in diesen Jahren Möbel im Wert von über 10 Millionen Francs, was in der damaligen Zeit eine ungeheure Summe war. Es war jedoch nicht nur die Menge, sondern vor allem auch die bereits von den Zeitgenossen hochgelobte "diversité" ihrer Produktion, die den Ruhm der Familie Jacob begründete. D. Ledoux-Lebard schreibt: "...depuis les meubles en bois peint vert antique en passant par les meubles incrustés d''ébène, d''étain, de nacre, les meubles d''acajou ornés de bronzes, les meubles en bois indigènes, jusqu''aux meubles ornés de plaques de porcelaine ou de faience de Wedgewood, aux meubles en chêne, aux copies de meubles de Boulle, sans compter les fournitures plus ordinaires en bois noirci, en poirier, chêne, hêtre ou noyer..." in: Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S. 270.
Die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Künstlern, "bronziers" und Entwerfern, wie z.B. mit C. Percier, P.L. Fontaine, T. Brogniart, F. Bélanger, J.L. David, C. Odiot oder P.P. Thomire, führte zu den wohl bedeutendsten Werken jener Epoche und manifestiert die grosse Bedeutung der Jacob-Dynastie. Die künstlerische Brillanz der Möbel und Einrichtungsgegenstände litt unter der wirtschaftlichen Situation; viele Auftraggeber waren wegen der Kriegswirren jener Jahre nicht in der Lage, die Rechnungen zu begleichen, zahlreiche Möbel mussten "en stock" gehalten werden. 1809 offenbarte F.H.G. Jacob-Desmalter die Schwierigkeit, die Entlöhnung seiner Dienste am kaiserlichen Hof zu erhalten, und beschrieb die prekäre Lage wie folgt: "Je ne pouvais prévoir, que les affaires éprouveraient une stagnation aussi grande; l''étranger ne fait aucune demande et les travaux que j''ai fait depuis sont pour les services de S.M. l''Empereur et Roi... Les délais sont si longs... Je ne vois par le moment où je pourrai toucher tout ce que j''ai fait pour les palais des Tuileries, Fontainebleau, Compiègne, Rambouillet et autres." 1813 erhielt F.H.G. Jacob-Desmalter einen allgemeinen Schuldenerlass mit der nicht unkorrekten Bemerkung, dass er "uniquement victime des événements politiques" gewesen sei.
Die Abhängigkeit von kaiserlichen Aufträgen - zu Beginn eine sehr lukrative und prestigeträchtige Angelegenheit - erwies sich nach 1810 als verhängnisvoll. Den Niederlagen Napoleons auf den Schlachtfeldern Europas folgte eine Finanznot der Staatskasse, die das Erteilen von Aufträgen zur Herstellung von Luxusmöbeln stoppte. 1813 musste das Unternehmen "faillite" erklären. Dem finanziellen Desaster zum Trotz ist F.H.G. Jacob-Desmalter als der wohl wichtigste Ebenist der Empire-Zeit zu bezeichnen, der in Zusammenarbeit mit den wesentlichsten "bronziers" seiner Zeit (P.P. Thomire, E. Lignereux, F. Rémond) die Meisterwerke kaiserlichen Mobiliars fertigte.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 434/435 (biogr. Angaben zu Jacob-Desmalter). D. Ledoux-Lebard, Les ébénistes du XIXe siècle, Paris, 1984. J.D. Augarde, L''Exposition des produits de l''industrie de 1806 et un secrétaire de Papst, in: Notes et documents du C.R.H.M.E., L''Estampille - l''Objet d''Art, Mai 1993.
Die ausführlichen kunsthistorischen Angaben wurden den Ausführungen von Jean-Nérée Ronfort und Jean-Dominique Augarde im Katalog der oben erwähnten Auktion entnommen.